Unter Ivan’s Herrschaft – 600km Bulgarien Offroad-Fluss Durchfahrt für Anfänger

Fünftes Kapitel

Unter Ivan’s Herrschaft

Bulgarien Offroad für Anfänger

Die hohe Kunst einer Flussdurchfahrt

Voller Enthusiasmus legten wir den Gang in Richtung Bulgarien ein. Leider kamen wir nicht auf Touren da irgendwas bei Oleg im Busch war. Der Leistungsverlust lässt uns mit maximal 60km/h herumstreunen. Handbuch hervor zücken, im LN2 Forum nachschauen – es muss wohl der Dieselfilter sein! Beim Lidl auf dem Parkplatz schien ein geeigneter Ort für einen Filterwechsel zu sein. Zur Sicherheit rief ich Benno von Basisfahrzeuge an. Er hat uns versprochen „wenn wir unseren Lastesel bei ihm kaufen lässt er uns mit seinem Wissen nicht im Stich“. In der Tat und dies noch am Abend wo seine geliebte Frau Geburtstag hat.

Fahrerhaus Angehoben, Filter gewechselt, Leitungen entlüftet und weiter soll’s gehen. Unser Problem war allerdings nicht behoben und wird uns noch etwas begleiten. Nach weiteren Kilometern halten wir auf dem Pannenstreifen. Fahrerhaus erneut hochpumpen und auf Fehlersuche gehen. Benno supported uns via Telefon… jedoch kommen wir nicht wirklich auf den grünen Zweig. 

Letztendlich sind wir auf die Idee gekommen den ganzen Stangenzug zur Einspritzpumpe nachzuziehen und somit zu verkürzen. Es hat tatsächlich etwas geholfen. Unser Tagessoll-Ziel werden wir heute nicht erreichen also suchen wir einen halbwegs ruhigen Stellplatz. Meine Gedanken kreisen um unser Aktuelles Handicap – Benno ist nun am Geburtstagsessen mit seiner Frau. Am Stellplatz angekommen habe ich das Zugsystem nochmals nachgezogen. Gingen erstmal schlafen um am kommenden Tag meine Lösung mit Benno zu besprechen da ich mit der LKW-Materie doch noch sehr unsicher bin und stets das Gefühl habe etwas kaputt zu machen.

Am kommenden Tag konnte ich meine Lösung präsentieren und wurde mir soweit als gut bestätigt. Oleg’s Automatik Getriebe schaltet nun sogar besser als zuvor.

Der Enthusiasmus war zurück – ab nach Bulgarien!

Offroad für Anfänger – Die Flussdurchfahrt

Ziss: Der Weiterfahrt steht nun nichts mehr im Wege. Und so machten wir uns auf… Nichts ahnend was uns erwartet! Nach der Grenze fuhren wir gute 140km ins Land bis Stara Zagora, einem herrlichen Stausee mit vielen kleinen Flüsschen. Wir waren überfordert mit der Schönheit des Ortes und konnten uns leider nicht einigen welchen Platz wir zum nächtigen nehmen sollen, so viele schöne Möglichkeiten gab es. Fuhren kreuz und quer und überquerten die für uns ersten Flüsschen direkt durch’s Wasser. Drei Flussdurchfahrten verliefen super – alles entspannt – aber dann Nr. 4!!!

Scheisse wir stecken im Flussschlamm fest! Lachten Anfangs und ich war optimistisch uns selbst via Schaufel und Sandblechen aus dem Schlamassel zu befreien. Schaufelten und gruben, positionierten die Bleche gute 2 Stunden. Jedoch alles was wir erreichten – wir sanken tiefer und tiefer in die missliche Lage.

Erst dann begriffen wir – keine Chance ohne fremde Hilfe!

Traumhafte Location bei “Stara Zagora”

Das Ende von Flussdurchfahrt Nr. 4 – Ivan Nr. 1 mit Traktor Nr. 1

Jan zog los um Hilfe zu suchen ich wartete am LKW es war ca. 16:00 Uhr. Zum Glück wurde er auf dem Weg Richtung Dorf mitgenommen ansonsten wären es einige Kilometer zu Fuss bis zur nächsten Tankstelle. Ich war voller Hoffnung dass wir noch am heutigen Tag raus gezogen werden können – Ich Optimist. Aber im Nachhinein betrachtet, auch wenn ich es gewusst hätte wäre Pessimismus fehl am Platz gewesen.

So ging die Zeit ins Lande, Jan fand relativ flink nette Bulgaren – Ivan 1 – welcher bereit war einen Traktor zu organisieren um uns zu helfen. Und nicht nur das, was zum Essen kauften sie uns auch noch!

So kam kurz nach 18.00 Uhr Traktor Nr. 1 mit Ivan 1 und Ivan 2. Wir bemerkten, beziehungsweise begriffen einschliesslich unserer Helfer, dass Traktor Nr. 1 viel zu Klein, leicht und Kraftlos war um unsere 10t aus dem Schlamassel raus zu ziehen.

Um die Kommunikation zu erleichtern hatte Ivan 1 einen Kumpel via Telefon zugeschaltet der deutsch Sprach, so erfuhren wir dass Traktor Nr. 2 auf dem Weg ist. Bei Traktor Nr. 2 riss dann leider das Drahtseil was Jan mit Mühe, nur noch in Unterhosen im Wasser liegend angebracht hatte. Auch Traktor Nr. 2 scheiterte. So kam dann, indessen war es dunkel geworden Traktor Nr. 3!

Wir mussten uns nun alle eingestehen „keiner wird es in dieser Nacht noch packen“. Sie wollten uns mit zu sich nach Hause nehmen und hatten Sorge das wir verhungern. Soviel Liebe und Hilfsbereitschaft – wir sind total überwältigt. Erklären das wir lieber beim LKW bleiben möchten und genug zu essen mit haben. Einer der Ivan’s erklärte uns das am Morgen um 10.00 Uhr ein noch grösserer Traktor kommen wird. Es stand die bisher schlimmste Nacht auf unserer Reise bevor. Oleg mitten im Fluss, in einer Schieflage das wir nichtmal Duschen oder anderweitig die Armaturen nutzen konnten – immerhin Jan hatte noch ein letztes Bierchen. 

Völlig hinüber, erschöpft und Appetitlos war der Start in den Tag. Von Schlaf in dieser Schieflage war kaum zu sprechen. Wir hatten beide Alpträume!

Die Schiefe Nacht von Stara Zagora – an Schlaf war nicht zu denken

Um 10.00 Uhr stand einer der Helfer vom Vorabend vor der Türe, fragte nach unserem Gewicht und teilte uns mit dass sie nun den John Deer vorbereiten. In der Zwischenzeit kam Ivan Nr. 3 vorbei und begutachtete die Lage um den Traktorfahrer zu instruieren. Wir baten ihn es heute von Vorne aus zu versuchen da wir vorne starke Abschlepp-Scheckel montiert haben. Als Traktor Nr. 4 ankam versuchte er ebenfalls den Fluss zu durchqueren und fuhr sich selber beinahe im Schlamm fest. Zum Glück konnte er sich noch im letzten Moment befreien und wählte einen Weg um den Fluss herum.

Wir bereiteten das Gelände in der Zwischenzeit soweit es ging mit Schaufel und Berge-Blechen vor. Einige Zeit später ging’s los! Der Traktor wurde vorab noch mit zusätzlichen Gewichten bestückt. Oleg wurde angehängt. Es folgte ein Versuch nach dem Anderen – leider erfolglos. Oleg bewegte sich keinen mm. Über die Nacht spülte der Fluss Material unter den Reifen weg und auf die Achsen drauf. Ivan 3 Telefonierte herum um einen Weiteren John Deer der gleichen Gewichtsklasse zu organisieren. Die Kommunikation war sehr schwierig doch irgendwie klappte es mit dem Tschechisch von Jan.

Es kam Traktor Nr. 5, auch dieser mit zusätzlichen Gewichten bestückt. So wurden die Pferde gespannt – Oleg im Schlepptau und los ging’s! Wir bangten um unser Glück und hofften das es nun gelingt. Ivan gab das Zeichen – Vollgas! Unser Oleg kam in Bewegung und wühlte sich durch die Erdmassen mit den Traktoren gleich beim ersten Versuch. Ich filmte fleissig aber als sich Oleg aus der Misere wühlte brach ich erstmal in Tränen aus.

Überglücklich sorgten wir uns nun ob bei Oleg alles heil geblieben ist! Als erstes aber viel ich völlig überwältig Ivan um den Hals und konnte mich gar nicht beruhigen. Jan fragte was wir ihm den nun schuldig sind für die bahnbrechende Hilfe, wir haben zuvor 200€ vorbereitet um ihm dies und seinen Herren als Dank zu zahlen. Er lehnte das Geld vehement ab und fragte nach einem tschechischen Bier. Zu unserer Schande – das Letzte hat Jan am Vorabend getrunken – so konnten wir nur ein Radler anbieten was sich sehr beschämend anfühlte. Ivan genoss sein Radler.

Wir brachten Oleg kurzerhand zur Fahrtüchtigkeit. Die eine Staubox wurde komplett geflutet. „Wir sollen ihm hinterher fahren“, meinte Ivan „er bringe uns zu einem Brunnen wo wir uns neu sortieren können!“ Der Nervenkitzel ging gleich weiter. Ivan fuhr vor uns in seinem Hilux eine steile, schmale Piste, mit heftiger Schieflage und seitlichen Bäumen Berg hoch – Vollgas war angebracht – unsere Knie zitterten wie Espenlaub.

Ivan unser Held geniesst sein kaltes Radler vor dem Schlachtfeld

Beim Brunnen angekommen verabschiedete sich Ivan. Wir begannen Kiloweise den lehmartigen, schweren Schlamm vom Chassis runter zu schaben und zu reinigen was ging –  anschliessend auf die Suche nach einer Waschanlage.

Oleg scheint es gut zu gehen, mit Ausnahme dass die ABS-Leuchte seither an ist. Bei der Waschanlage angekommen entdeckten wir mit schrecken dass wir uns die Komplette GFK-Kofferwand an einem Baum aufgerissen haben. Wir reinigten das Auto und hoffen nun des es nicht regnen wird bis wir einen Baumarkt finden um das GFK zu reparieren.

Während der Weiterfahrt durch den bunten bulgarischen Herbst zum nächsten Stellplatz rief uns noch der Übersetzer des Vorabend an um nachzufragen ob alles geklappt hat und wir wohl auf!? Unglaublich diese Bulgaren!

Noch am selben Tag fanden wir einen Traumhaften Ort in den Bergen oberhalb von Sliven mitten im traumhaften Herbstwald. Erstmals alles trocken legen. Den Shock verdauen. Jan schmiert die beweglichen Teile zum ersten mal ab – er Fluchte! Und mich hat eine Welle der Übelkeit für die nächsten 24 Stunden ausgedockt.

Unser „Unfall“ hat uns ganz schön aus der Bahn gebracht. Blieben erstmals paar Tage an Ort und Stelle. Der nächst Baumarkt war leider erst in der Türkei laut Google. „Es darf einfach nicht Regnen! Bis wir den Riss behoben haben.“

Schweren Herzens machten wir uns auf den Weg Richtung türkischer Grenze. Schade, uns hat Bulgarien landschaftlich wirklich sehr gut gefallen und hätten gerne mehr vom Land entdeckt.

Menschlich hat es unser Bewusstsein gesprengt. Bulgarien du bist nun tief in unseren Herzen!