Langsam Eingetaucht… Karte unserer Route des zweiten Monats – weitere knapp 1’000km

Drittes Kapitel

Langsam Eingetaucht

So trennt sich die Spreu vom Weizen…

Ich muss ehrlich zugeben, es fällt mir nicht leicht die Blog-Beiträge zu schreiben. Tagebuch zu führen ist definitiv leichter – es ist ja absolut intim und ich habe keine (künstlerischen) Ansprüche dazu.

Es ist schon wieder über ein Monat vergangen. Noch in Basel war die Zeit unglaublich beschleunigt da wir den LKW endlich fertigstellen wollten damit es Los gehen kann. Obwohl wir doch schon sehr runtergekommen sind, vom Alltags-Dasein „Zuhause“ fliegt uns die Zeit hier, in anderen Dimensionen um die Ohren. Es sind täglich unbezifferbar viele Eindrücke die wir sammeln.

Und was Mann & Frau sammelt muss wieder verarbeitet werden. Mittlerweile sind wir gut angekommen – im Reise-Dasein eingetaucht.

Reisen ist nunmal mit Urlaub nicht vergleichbar. Ich persönlich bin auch gar nicht so der Urlaubsmensch. Mal 2 Wochen Urlaub als Selbstständiger hält nicht besonders lange an und wirklich zum abschalten, kam ich dabei selten.

Dann waren’s nur noch Vier

Unseren letzen Bericht haben wir in Rumänien geschrieben und dieser ging nur bis und mit der Reifenpanne in Polen. Bis dahin hatten wir stets Besuch und technische Probleme welche mittlerweile gelöst sind. Das Reisen mit unserer geliebten Katze Pünktli brachte auch so sein Handicap mit sich. Unser Alltag war sehr nach Ihr gerichtet. Während der Fahrt war sie zufrieden, entweder am Schlafen oder auf meinem Schoss und guckte aus dem Fenster. Kaum Angekommen ging’s raus zum Streunern – wie schon im vorherigen Bericht skizziert – es wurde fleissig Mäuse gefangen und regelmässig gegessen. Täglich musste ich sie allerdings meist irgendwo im Dickicht suchen gehen damit wir weiterfahren konnten. Dies hätte auf kurz oder lang auch seine Gefahren für Uns und mich mitgebracht… und… und… und…

Die Wilde Tatra in der Slowakei – hier bei Ružomberok-Vlkolínec

Wie war das nochmals mit diesem Wörtchen „wenn“?

Pünktli haben wir bei Auschwitz verloren. Irgendwann war nur noch das GPS-Halsband auffindbar – leider ohne Katze. Irgendwie speziell dass dies gerade an diesem Ort „der einstigen Grausamkeit“ passieren musste. „Hätte meine Oma Vaterseitig diesen „Ort der Schande“ nicht überlebt wäre ich heute nicht auf dieser Welt.“ So ging’s mir ständig durch den Kopf als wir das Lager in Auschwitz Birkenau besucht haben.

Heute, ein Ort des Schweigens (für mich zumindest):

Bild 1. Hier fuhren die Züge rein und Raus…

Bild 2. Das ganze Areal ist X-fach umzäunt, viele Zäune waren zusätzlich unter Strom gesetzt…

Bild 3. In solchen Waggons wurden die armen Seelen eskortiert…

Bild 4.+5. “Die Strasse des Todes”, so habe ich sie zumindest benannt…

Bild 1. In solchen, stallartigen Behausungen wurden die Menschen unter gebracht…

Bild 2. Schlafraum…

Bild 3. Toilette…

Bild 4. Zäune über Zäune…

Bild 5. Die übrig geblieben Fundamente dieser Hütten – Eine nach der Anderen!

Bild 1. In diesem Gebäude wurden die Leute desinfiziert, geschoren & mit einem Strichcode tätowiert…

Bild 2. Autoklaven…

Bild 3. No Words…

Bild 4. Ruinen einer Gaskammer…

Bild 5. 1,5 mio. Menschen starben hier…

Bild 6. In Memory…

Wir kennen Alle die Geschichte – ich denke die Bilder sagen mehr als tausend Worte

Und so hoffen wir das sich Pünktli in Auschwitz ein neues Zuhause eingerichtet hat.

Schweren Herzens ging es weiter Richtung Slowakei in die Tatra. Schon an der Polnisch-Slowakischen Grenze kamen unglaubliche Heimatgefühle hoch. Die Landschaft erinnerte sehr an unser geliebtes Jura mit einer Prise Ticino – Berge, wie wir sie begehren.

Bären, Sinti & Roma

Wir waren aufgeregt während den ersten Nächten in der Tatra – im Bärenland. Spätesten hier wäre es fürs Pünktli gar nicht mehr so einfach gewesen mal davon abgesehen, sie vor den Abfahrten suchen zu gehen. Mann hört und liest so einiges über das „wie Verhalte ich mich richtig“ in Bärenregionen. Im Herbst sei die Bärenhochsaison – so eine Truppe von Parkrangern welche uns in der Hohen Tatra von einem faszinierend schönem Off-Stellplatz verscheucht hatten. „Die Bären kommen überall rein!“ Angstmacherei oder Tatsache? Die Rumänen gehen mit Ihrer Bärenthematik ganz anders um – aber auf Rumänien kommen wir später zu sprechen. Wir reisten knapp 14 Tage durch die Slowakei, viel zu kurz, aus meiner Sicht für diese magische, wilde Tatralandschaft. Leider, so müssen wir zugeben hat uns das Kalte und Nasse Wetter weiter in den Süden getrieben.

Trotzdem versuche ich hier noch gewisses Erlebte zur Sprache zu bringen.

Sind wir doch mal ehrlich, wir Menschen haben alle unsere Vorurteile – Teils mehr, teils weniger.

Wir Versuchen so Vorurteilsfrei wie möglich unsere Reise anzugehen. Uns erst vom erlebten Moment beeinflussen zu lassen. Trotz meinen Tschechoslowakischen Wurzeln (Mutti aus Brünn, Papa aus Bratislava) muss ich zugeben das erste mal die Slowakei besucht zu haben.

In der Tschechei waren wir schon oft und würde behaupten das Land relativ gut kennengelernt zu haben. In der Slowakei war ich irgendwie völlig überrascht wie gut ich die Sprache beherrsche. Einige Beispiele: ich bestelle was in einem Caffee in Prag (auf tschechisch welches meine Familie damals 1968 mit in die Schweiz genommen hat – natürlich mit einem unüberhörbaren Schweizer Akzent) die Antwort folgt in englischer Sprache. Wir stehen am Tresen in einer Bäckerei irgendwo ländlich in der Tschechei und bestelle was… So guckte mich die Dame an und sagte mit Freude „Woher kommst du nur mein Herr? …diese Höflichkeitsform habe ich seit 30 Jahren nicht mehr gehört!“ So verändert sich die Welt mit all ihren Sprachen.

Als Kinder haben wir das slowakische stets belächelt da es für uns irgendwie lustig klang. Heute muss ich grösste Dankbarkeit meinen Eltern gegenüber aussprechen, das wir Zuhause (in Anwesenheit unseres Vaters) nur tschechisch/Slowakisch? …oder eben diesen Mischmasch sprechen durften oder sollten. Dieser Mischmasch half uns aber bestens durch Polen, die Slowakei bis hin durch Bulgarien zu kommen und uns irgendwie verständigen zu können.

Zurück zum Thema „Vorurteile“: so tuckern wir durch die Landschaft mit hunderten prachtvollen Burgen wie wir sie aus Märchen kennen. Regelmässig sehen wir, uns fragend, sehr Dunkelhäutige Leute auf der Strasse. Und auf einmal geht’s durch eine Gegend, mit spielenden Kindern in Müllbergen wo wir im ersten Moment nur dachten: „Hier wollen wir auf keinen Fall eine Panne haben“ wir hatten nicht mal den Mut anzuhalten und dies fotographisch zu dokumentieren.

Wir waren irgendwie erschrocken, gelähmt vom Anblick dieser Szenerie deshalb erlaube ich mir hier einige Bilder aus dem Web zu zeigen (an den Orten der ersten 3 Bilder sind wir vorbei gefahren):

Hier gleich mal die Quellen dazu:

https://www.nzz.ch/feuilleton/die-lehren-von-lunik-ix-ld.1027642?reduced=true

https://tageswoche.ch/politik/in-pfarrer-bressans-wohnwagen-leben-roma-als-untermieter/

https://volksgruppen.orf.at/v2/roma/stories/2875139/index.html

Wen es Interessiert – dem kann ich diese Berichte sehr ans Herz legen. Ich würde dies hier nur unnötig zittieren.

Offensichtlich wussten wir bis Dato sehr wenig über die Slowakei. Mir war bewusst dass es die Slowaken nicht leicht hatten nach der Trennung der Tschechoslowakei 1990-1992. Sie mussten im Nu eine eigene Regierung auf die Beine stellen und waren bis dahin die sogenannte „Waffenschmiede des Ostens“ welche ihre gesamte Industrie umrüsten musste. Diesbezüglich sind Sie in den letzten 30 Jahren unglaublich weit gekommen.

Schade, das die Integrierung der Sinti & Roma seit dem Fall des Eisernen Vorhanges ziemlich aus dem Ruder geraten ist. Dazu könnt Ihr euch gerne die Hier angegebenen Links durchlesen.

So sassen wir uns fragend, im Oleg in Richtung Kosice fahren. Wir wurden schlagartig mit Vorurteilen konfrontiert welche wir eigentlich in unserer Fantasie den Rumänen zugeschrieben haben. Dies wiederum hat sich in Rumänien gar nicht bestätigt.

In Kosice angekommen habe ich fleissig über das hier geschilderte recherchiert um zu verstehen was wir wahrgenommen haben – auf jeden Fall sehr spannend. Langweilig stand mal wieder ein Boxenstop an, Wäsche und Fahrzeugreinigung. Lukas, Ziss’s Bruder musste auf den Zug zurück nach Dresden. Bruno hat erstmal starkes Heimweh.

Freut sich jedoch ab jetzt nicht mehr täglich im kalten und ach so oft nassen Dachzelt schlafen zu müssen – ich wiederum freute mich darüber morgens schneller vom Fleck zu kommen.

Da waren es nur Noch Drei

Am 22. September überquerten wir die Ungarische Grenze. An der Grenze angekommen wurden wir von 2 Dudes in Trainerhosen angehalten welche irgendwie Zollbeamte spielten. Leider habe ich mich am Tag zuvor erfolglos Online bemüht eine Maut Vignette für Ungarn zu bekommen.

Nu-denn so stehen wir da verdutzt und sprachlich leicht überfordert „Wir sollen hier Maut bezahlen sonst gibt’s ne saftige Busse von 500€!“ Gut ich steige aus und gehe ins Beamtenhäuschen. Hier fühlt es sich schon offizieller an. Eine Frau hinter der Glasscheibe bedient mich. Nach ca. 20 unterschriebenen Dokumenten bricht das Eis zwischen uns. Siehe da ich bekomme Ein lächeln geschenkt. Nach einigen Unterschriften mehr und gute 60€ ärmer erklärt sie mir das wir nun 48 Stunden auf Ungarns Strassen unterwegs sein dürfen. Ziemlich perplex führt mich einer der Dudes zum Auto zurück und bettelt mich noch an.

Stellplatz in Ungarn, Debrecen – hier war einmal ein See…

Leider haben wir bis heute das Gefühl dort ziemlich abgezockt geworden zu sein. Dies hat uns den Spass in Ungarn ziemlich verdorben. Nebst den bisher schlechtesten Strassen die wir gefahren sind können wir von Ungarn rein gar nichts berichten – Wie nur mit einer 48 Stunden Maut Vignette?