Einmal Alles, mit Scharf! Unsere Route in der Türkei mit gut 5’000km insgesamt. Erster Teil Blau ca. 3’000km und Blauviolette 2’000km.

Sechstes Kapitel

Einmal Alles, mit Scharf!

Willkommen in der Türkei

Pleite, Pech und Gastfreundschaft

  • Amtssprache
  • Hauptstadt
  • Fläche
  • Einwohnerzahl
  • Währung
  • Nationalfeiertag
  • Türkisch
  • Ankara
  • 783.562 km²
  • 85.279.553
  • Türkische Lira
  • 29. Oktober

Leider haben wir in Bulgarien nicht so viel gesehen was wir auch wirklich sehr bedauern. Dermassen Hilfsbereite und herzliche Menschen kannten wir bis anhin noch nicht. Man fragt sich regelmässig was denn bei uns in Mitteleuropa „irgendwie schief läuft?“ Wir haben ja im Vergleich, alle absolut alles, wohlstandstechnisch betrachtet – und doch verbergen sich menschliche Defizite. Umso mehr durften wir sehr einschneidende Erfahrungen auf jeglichen Ebenen sammeln. Von unserer Fahrzeugtechnik, über menschliche Lebensfreude bis hin zur Technik im Umgang mit dem Fahrzeug. Unserem Malheur zuliebe und dem Schaden im GFK schreitet unsere Reise völlig unvorbereitet auf das kommende Land voran.

Der Grenzübergang zur Türkei wirkt brobdinagisch und erfolgte am 27. Oktober 2022. Imperial ragen die überdimensionierten Fahnen über der Landschaft. Wir wussten nicht so recht wo wir uns einreihen sollten – bei den Autos oder doch bei den LKW’s? Versuchen wir’s doch mal bei den Autos. Dort werden wir zu den LKW’s geschickt bis sie bemerken dass wir ein Wohnmobil sind – zurück zu den Autos! Die Bulgaren waren total entspannt, wollten eigentlich nur mehr über unser Vehikel erfahren und einen Blick ins Innere ergattern. Gleichzeitig warnten sie uns vor den Türken – „wird vermutlich bisschen mühsam und vielleicht sind wir etwas zu gross!“

Es war nun unser erster Grenzübergang ohne jegliche EU-Abkommen.

Kurz vor der Grenze bevor wir die Kamera abschalten mussten – es ist nicht gestattet bei Grenzübergängen zu Dokumentieren.

Bei den Türken angekommen ging’s los:

  1. Passkontrolle
  2. Fahrzeug Desinfizieren (ja – du hast richtig gelesen)
  3. Gepäckkontrolle…. Und nun legten sie los… ob wir denn ein Wohnmobil sind!? Englisch beherrschten die ersten beiden Beamten kaum. Ein Blick ins Innere des Fahrzeug hat den Herrn allerdings überzeugt und er meinte wir können weiter. Heiter freuten wir uns über den Dutyfree Shop! Eingedeckt mit Stoff & Schnaps rollten wir zum nächsten Kontrollpunkt Nr…
  4. „Wir sind nicht frei gegeben!“ Erläuterte uns jener Beamte mit grimmigem Blick. „Ihr müsst zurück.“

Chaotisch schoben wir die ganze Kolonne hinter uns zurück damit wir beim vorherigen Gate unsere Freigabe einholen können. Nach einer guten Weile nahm sich mir ein Beamter mit Englischkenntnissen an. Es gab Probleme weil ich unseren Oleg geschäftlich und nicht privat angemeldet habe. Somit war mein Pass mit dem KFZ-Ausweis „ungenügend stimmig“. Erst mein Versicherungsnachweis konnte ihm Aufschluss geben da dort Name und Firmenname in einem Dokument ersichtlich sind (ein Carnet des Passages hätte es uns hier vereinfacht, allerdings haben wir dieses noch nicht beantragt). Nach diversen Dokumenten und Unterschriften konnte ich das Problem mit dem durchtrainierten Beamten regeln – wir haben nach zwei Stunden unsere Freigabe erhalten!

Welcome to Turkey

Die Landschaft hat sich unmittelbar stark verändert. Dies ist echt, nach jedem Grenzübergang ein abgefahrenes Phänomen. Die Grenzen haben tatsächlich auch etwas natürliches an sich und nicht nur rein vom Mensch gemachtes. Wir knatterten noch einige Kilometer weiter bis in die Nähe von Kirklareli – wo es noch ein kaum erschlossenes Boulgergebiet gibt.

Dort angekommen durften wir uns erstmal so richtig über die Swisscom ärgern und umher plagen. Der Wechsel unserer Abos zu Prepaid erfordert nun eine 3 monatige Kündigungsfrist! Der Hass im Umgang mit grossen Unternehmen – obwohl wir diesen Wechsel X-Fach in der Schweiz schon abtelefoniert und recherchiert haben ist es nun anders als uns von ihren Angestellten erklärt wurde …ein CHF 600.- teures Ärgernis! Des Weiteren belasteten uns Sorgen um Oleg welcher seit einigen Kilometern ein entsetzliches Geräusch von den Hinterachsen gibt, dem Kaputten GFK und zusätzlich den Vorwürfen seines „eigenen Inneren Schweinehundes“. Immerhin wir hatten noch die alte Türk-Telekom Simkarte von Fritz mit bisschen Datenvolumen und der Stellplatz war Landschaftlich fantastisch. Wir haben uns echt ungenügend auf die Türkei vorbereitet.

Bilder 1-3 Unser erster Stellplatz bei Kirklareli, Bild 4. Angekommen bei Lüleburgaz am See

Der kommende Tag hat mit richtig mieser Laune begonnen. Kein Internet, noch kein HGS (TR Maut), überall Krümel (die Ziss hat eine Krümelphobie), kaputtes GFK plus ekelhafte Geräusche unserer Räder hinten! Ach, an Boulder war nicht zu denken. Wir bereuten in jenem Moment noch mehr Bulgarien so schnell verlassen zu haben.

Positiv bleiben, mit kleinen Schritten voran gehen. So begaben wir uns nach Kirklareli quasi „mit der Kuh ins Dorf!“ Türkische Städtchen bedeuten Milimeterarbeit am Steuer. Parkplatz finden – Exchange – Sim organisieren! Siehe da unser Stimmung ist wesentlich gestiegen – es fehlt nur noch das HGS welches man scheinbar nur bei der Post bekommt.

Bild 1. Kirklareli vor dem Nationalfeiertag, Bild 2. Die lieben Ampeln in Lüleburgaz

Es war uns nicht bewusst, der Türkische Nationalfeiertag stand bevor. Wir gurkten von Ort zu Ort in der Hoffnung die HGS-Plakette zu bekommen. An einer Tankstelle wurde uns erklärt wir sollen dies am Montag bei einer Post besorgen. Wir fanden einen tollen Spot in der Nähe von Lüleburgaz an einem See. Dort war das Programm für die kommenden Tage CPD organisieren, Büro Arbeit, Dokumente kopieren und in der Türkei ankommen!

Ich möchte euch hier nun nicht mit Reisealltags-Dingen langweilen wie Wasser besorgen und ähnlichem. Mich beschäftigte nun mehr die Fahrt nach Istanbul. Ich wurde von einigen Leuten gewarnt die Stadt seien neben Delhi und Mumbai einer der Verkehrstechnisch anspruchsvollen Städte zum Fahren – besonders mit einem grossen KFZ. Locals haben mir höchste Vorsicht bezüglich Höhen- und Breiten-Begrenzungen angepriesen.

Am 1. November war es soweit – die Fahrt nach Istanbul stand bevor. Ich war enorm aufgeregt und nervös. Wir waren beide noch nie eine einer solch grossen Metropole, knapp 16 Millionen Menschen leben hier! Es ging besser als erwartet – Das Navi SygicTruck war sehr behilflich da man bei dieser App die KFZ-Masse eintragen kann. Nach Ankunft erstmal ein Powernapp. Anschliessend wagten wir zwei soziophoben Outback-Junkies erste Schritte in die grosse Metropole zum Dinner.

Büyücekmece Gölü – wir glaubten die Skyline von Istanbul zu bestaunen – haben uns geirrt!

Motiviert bereiteten wir die Fahrräder vor da wir uns Taxikosten sparen wollten. Mit dem Velo durch Istanbul um unsere Erledigungen zu tätigen – was für ein Abenteuer. In den Baumarkt Materialien zur Reparatur vom GFK und in Decathlon Wadthosen für zukünftige Flussdurchfahrten besorgen waren „on top“ unserer Liste. In Istanbul sieht man kaum jemanden auf dem Rad daher waren wir stets erfreut falls wir dann doch Menschen auf einem Fahrrad sichten durften.

Beladen mit unseren Einkäufen mussten wir mit Schrecken erkennen dass wir den einen Schlüssel der beiden Schlösser im Womo vergessen haben – was für ein Ärgernis! NIX mit Kosten sparen, hehehehe… Letztendlich hätten wir von Anfang an das Taxi nehmen sollen, wir hätten unsere Einkäufe kaum auf die Velos bekommen. „Hin und her“ – anschliessend war die Abendliche Fahrradtour durch Istanbul umso genüsslicher.

In den kommenden Tagen hatten wir einige Dinge zu erledigen bevor uns Flo besuchen kommt auf den wir uns sehr sehr freuten. Wir wollen seine kurze Besuchszeit nicht mit Reparaturen & Alltagsdingen von Reisenden vertrödeln.

Reparaturen, Wäsche, Wartung, Sightseeing, Istanbul entdecken, vom Taxifahrer abgezockt werden und als Ausgleich tollen Menschen begegnen.

Flo abholen, essen gehen und ab nach Bafa Gölü….

Bafa Gölü – ein Boulderparadies

„Glücklicherweise“ konnte ich den Bafa Gölü Kletterführer nirgends in einer Bücherei ergattern da dieser überall ausverkauft war. Also versuchte ich auf dem Online-Weg irgendwie zu den gesuchten Infos zu gelangen. Auf Facebook habe ich die „Bafa-Boulderingpage“ gefunden wo allerdings seit Jahren nichts mehr gegangen ist – trotzdem einfach mal anschreiben!

Siehe da, im Nu habe ich eine Antwort bekommen, gefolgt mit dem Kontakt von Evren & Ayca welche vor Ort in Kapikiri leben – wirklich unglaubliche Menschen! Bei Ihnen angekommen erhielten wir den Boulderführer, jegliche Infos zur Region und sie standen uns zur Seite als wir das Ticket für Flo’s Heimreise buchen wollten. Bei dieser Gelegenheit fragten wir noch nach einem netten Restaurant.

Sie haben uns das „Karia“ empfohlen und meinten wir sollen liebe Grüsse ausrichten! Dort angekommen meinte der Herr sie haben geschlossen. Also richtete ich die Grüsse aus, entschlossen zu gehen. Im Ausgang stehend rief der Herr „Wait! …Friends of Evren & Ayca!?“ Machte das Licht an und bediente uns mit einem herrlichen Abendessen. Wir hatten echt schöne Klettertage bei bestem Novemberwetter und angenehmen Temperaturen. Die Tage verstrichen wie im Flug! Flo musste leider schon am 15. November in Richtung Heimat zurück.

Die Gegend gibt echt viel her, so entschloss ich mich mal mit ersten Projektionen herumzuexperimentieren.

Herakleia on Latmos – Was an ancient Greek city in western Asia Minor in the countryside of Caria. Near Heraclea, according to legend, was the burial cave of Endymion. In ancient Heraclea, the moon goddess Selene was particularly worshipped – Wikipedia

Wir verbrachten noch einige schöne Abende mit Evren & Ayca. Doch der Höhepunkt kam erst am Wochenende. Wir wurden auf ein Fest unter Freunden Eingeladen. An hiesigem Wochenende traf sich die Freundesgruppe um die Beiden und Ihre verrückten Nachbarn. Freunde aus Istanbul die eigentlich zur Olivenernte da waren, sogar ein Freund welcher seit einigen Jahren in New York lebt und als Bartender und Musiker arbeitet. Wir haben uns entschieden eine kleine Lichtshow beizutragen – ganz im Sinne meiner Idee der Reise „kulturellen Austausch“ zu erleben. Es war ein sehr gelungener Abend mit lustiger Türkisch-archaischer Livemusik von Omercan aus New York. Wir haben gesungen gelacht getanzt und sie freuten sich sehr über die Lichtshow welche wir eingerichtet haben. Ihre Gastfreundschaft ist kaum in Worte zu fassen, auch wenn nicht alle gut englisch konnten bemühte sich die ganze Gruppe uns zu integrieren und in der sozialen Zusammenkunft gar, soweit es ging auf Englisch zu switchen.

Nach guten 18 Tagen bei Kapikiri am Lake Bafa wurde es Zeit unsere Reise voranschreiten zu lassen.

Oleg wird während den kommenden paar Hundert Kilometern erneut mit Leistungsverlust und komischem Schaltverhalten unsere Nerven kitzeln.

Unesco Weltkulturerbe 

Tourismus

Unser Weg führte uns weiter über Milas nach Hierapolis, einer einst heiligen griechischen Stadt, den Kalkterrasse von Pammukkale welche mit Hierapolis verschmelzen durch die türkische Landschaft nach Göreme.

Wir ihr schon in unserem Rumänienbetrag bemerken konntet, stehe ich dem Tourismus sehr kritisch gegenüber – dies obwohl wir ganz klar auch Touristen sind. Es scheint für mich ein sehr gespaltenes Business zu sein. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn Infos zu den einzelnen Orten hier zusammenzutragen. Jedoch erlaube ich mir hier folgenden Abschnitt aus Wikipedia zu zitieren. Aus meiner Sicht spricht dieser Abschnitt Bände über den Umgang mit Tourismus in der Türkei:

Pamukkale und Hierapolis sind traditionelle Ausflugsziele für Antalya-Urlauber. Während der letzten Jahre ist dem steten Zuwachs an Tagestouristen Einhalt geboten worden: Es erfolgte der Abriss von Hotels innerhalb der historischen Anlage, Aufbau von Zäunen und ein Verbot für fliegende Händler. Die Hotels leiteten das kalkhaltige Wasser früher zuerst in ihre Pools, in denen es abkühlte und der Kalk dabei ausfiel, so dass das Wasser aus den Pools nicht mehr zum Erhalt der Kalkterrassen taugte. Mit dem Abriss der Hotels wird heute das Wasser wieder auf die Terrassen geleitet und dort gezielt die Terrassen damit wieder aufgebaut. Die Schäden durch den Massentourismus, der die Terrassen früher frei betreten konnte, wurden und werden so im Laufe der Zeit wieder behoben. Die derzeitigen Ausgrabungs- und Rekonstruktionsarbeiten werden unter der Regie italienischer Hochschulen durchgeführt.

Wer sich bisschen tiefer in diese Orte ein lesen will kann das gerne unter den folgenden Links:

Die Orte sind auf jeden Fall alle sehr sehenswert. Es bedrückt mich immens zu sehen wie der Mensch mit seinem eigenen Erbe in der Neuzeit umgeht. Dieses kommerzielle Ausquetschen – was glücklicherweise weiter östlich abnehmen wird und das bis heute Vielerorts kaum Bewusstsein im Umgang mit Abfall vorhanden ist. „Unesco Weltkulturerbe“ und wenn mann genauer hinschaut gehen doch oft lokale Leute mit den Orten um als gäbe es kein Morgen 

So erscheint zum Bespiel die malerische Landschaft um Göreme teilweise wie eine “Unesco Müllhalde“

Schlecht vorbereitet oder einfach nicht besser gewusst

Was unsere Routenplanung anging haben wir uns ja unglaublich verrechnet respektiv nur zu oberflächlich recherchiert. Da uns die Aktuelle Weltgeschichte doch arg beängstigte versuchten wir eine Route zu finden die nicht durch den Iran führt.

Schon in Rumänien hat uns diese Situation belastet. So naiv wie ich manchmal bin sind wir auf die Idee gekommen, folgender Rote nachzugehen: von der Türkei – Zypern – Israel – Jordan, dann Saudi Arabien – VAE und via Schiff nach Indien. Es fühlte sich nach einem guten Plan an. Mit der Schweizer Botschaft auf Zypern telefoniert: „Ob wir unser Carnet des Passages zu Ihnen senden können?“ Des weiteren habe ich Ihnen detailliert unsere Route erklärt und wurde auf den ersten groben Fehler nicht hingewiesen:

  1. Ich als Schweizer Bürger darf nicht legal die Demarkations Linie d.h. von türkisch Zypern nach griechisch Zypern einreisen – erst recht nicht mit einem Fahrzeug.
  2. Es fahren im Winter gar keine Fähren von Zypern aus nach Israel (nur von Mai – Oktober).
  3. Unser Carnet des Passages ist mittlerweile schon längst in Zypern auf der Griechischen Seite.
  4. Israel & Saudi Arabien haben es nicht so miteinander!

Die Wahrnehmung unserer Fehler lag leider zeitlich weit auseinander. Allerdings nehme ich der einen Dame der CH-Botschaft auf Zypern bis heute übel das sie mich nicht auf das Einreisehindernis aufmerksam machte.

Zum Glück aber arbeitet dort auch die sehr nette und top kompetente Frau Ioannou mit welcher ich nun zu tun hatte und welche sich über ihre Kollegin genervt hat dass diese mich nicht auf… ihr wisst schon was hingewiesen hat.

Also senden wir zu einem späteren Zeitpunkt unser CDP nach Göreme! Schreiben diverse andere Reisende via Facebook und Instagram an. Bekommen verschiedene Berichte zu verschiedenen Optionen um nach Saudi Arabien zu gelangen und werden dazu motiviert doch durch den Iran zu reisen.

Die Tage in diesem Abschnitt in der Türkei sind sehr schwerfällig, begleitet mit erdrückendem Wetter. Mittlerweile sind wir bei Göreme in Kappadokien angekommen. Täglich bin ich früh aufgestanden in der Hoffnung das Heißluftballon Spektakel zu bestaunen – vergebens da das Wetter keine Flüge erlaubte.

Wir schreiben mittlerweile den 25. November im Tagebuch nieder. Das Wetter drückt weiterhin massiv auf die Laune. Wir haben am heutigen Tage realisiert das ich nicht von türkisch auf Griechisch Zypern reisen darf und unser Carnet liegt auf der griechischen Botschaft in Zypern. Unsere Lage ist echt zum brechen. Wir fühlen uns bisschen wie „Dumm & Dümmer“ auf Tour!

Unsere Weiterreise ist unklar. Es gibt diverse Varianten welche wir mit anderen Reisenden Online diskutieren. Keine davon ist uns allerdings wirklich behaglich. Aktuell knallt es in soviel Ländern jener Regionen wo wir durch wollen.

Cappadokia – Treffpunkt für Reisende

Nach fast einer Woche zieht endlich mal wieder die Wolkendecke über uns auf. Der 27. November scheint ein freudiger und nach längerem, ein ruhigerer Tag zu werden. Früh’s um 5:00 Uhr weckte mich das Befüllen der ersten Heissluftballone. Ich freute mich wie ein kleines Kind das Spektakel zu bestaunen. Bin wie ein Verrückter mit der Kamera durch die morgendliche Landschaft Kappadokiens gestolpert und habe Fotos geschossen. Mal ein Tag an welchem wir unsere Probleme mal bei Seite legen konnten.

Gingen durch die atemberaubende Landschaft wandern. Lernten ein italienisches Paar kennen welche uns zum Buchen einer Ballonfahrt motivierten. Nach unserer online Recherche war uns eigentlich klar dass wir uns dies Ereignis nicht leisten konnten. „Geht direkt ins Office“ dort kostet es nicht mal die Hälfte so Michele.

Wir liessen die Infos etwas wirken als wir den Abstieg ins Tal zu Oleg antraten. Dieser führte uns mitten durch ein schmales Valley. Zuhause angekommen entscheiden wir uns die Räder zu richten und eine Ballonfahrt für 120€ zu buchen.

Beinahe schlaflos rafften wir uns in der eisig kalten Frühe auf. Radelten zum Treffpunkt wo unser Driver, uns zum Ballon bringen soll. Eine solche Heißluftballonfahrt ist kaum in Worte zu fassen – es war hinreissend:

Erfüllt vom Erlebten versuchten wir etwas Schlaf nach zu holen. Leider erfolglos den mich plagten unsere Sorgen. Ich versuchte mich somit um unser CPD zu kümmern und erteilte an FedEX den Auftrag das Dokument zu unserem vertrauten Traveloffice zu senden. Das Gemüht war nun ein bisschen erleichtert.

Ein Boxenstop stand an, Wäsche, Luftfilter auspusten und so einiges an Kleinarbeiten. So gondeln wir zum Kaya-Camping wo wir erst Andrea & Christoffer aka „Überallpenner“ sowie Dylan & Tiff aus den USA kennenlernten.

Da ich mich stark nach einem Erfolgserlebnis sehnte entschieden wir uns erstmals noch eine Nacht alleine in die Täler Kappadokiens einzutauchen und mit Projektionen herum zu experimentieren. Wir verirrten uns im Love Valley wo wir alles andere als alleine waren. Selbst auf der anderen Seite des Valley’s erspähten wir die beiden von Überallpenner. Während ich meine Stative und Projektoren einrichtete kam schon der Erste auf mich zu. Es war Simon, welcher mit seiner Gefährtin Caro in einem alten Mercedes Hymer Bj.1981  unterwegs waren welcher unübersehbar an Breaking Bad erinnerte. Ich erklärte was ich vor habe und lud sie zur späteren Gemeinsamkeit ein.

Treffpunkt Love Valley bei Göreme

Nach dem Abendessen illuminierten wir das Tal. Neugierig gesellten sich noch Manjana & Jörn zu uns. Es entwickelte sich ein warmherziger Abend mit weihnachtlicher Stimmung im Herzen der Türkei.

Bild 1 Dylan & Tiff, Bild 2 Andrea & Christoffer mit Ziss in der Underground City

Morgens versammelte sich die ganze Crew zum Kaffee und dem fast täglichen Ballonspektakel. Tauschten unsere Geschichten, Erfahrungen und Kontakte aus. Später waren wir mit Überallpenner sowie Dylan & Tiff verabredet. Dylan macht spasseshalber Filme für eine Vanlife-Community und sucht nach Reisenden mit einer „besonderen“ Geschichte. Somit wollte er einen Film über uns mach was uns sehr erfreute.

Unsere Heutige Kulissenwahl befand sich mitten zwischen den Fels Kaminen Kappadokiens. Es ging mal wieder fett Off-road! Nach wie vor bin ich überwältigt über die Fähigkeiten von Oleg. Zeit um Feuerholz zu sammeln und sich auf eine gemütliches Nachtlager vorbereiten.

Es tut gut mal wieder etwas „Soziales Umfeld“ zu haben.

Wir verbrachten die kommenden Tage mit unseren neuen Freunden. Unternahmen so einiges und erforschten die Umgebung. Dylan machte seinen Film über uns und wir liessen fast jeden Abend feuchtfröhlich ausklingen.

Es wäre heute Nicolaus!

…doch davon merkten wir nichts. Die Beiden Überallpenner zog es vor 2 Tagen schon westwärts. Die Beiden wollen auf ein Segelboot umsatteln und die Welt auf See weiter erkunden. Barry & Tamara welche wir leider nur kurz geniessen konnten machten sich am Tage zuvor auf den Weg in den Süden und auch mit Dylan & Tiff stand der Abschied vor der Tür.

Nichts auf dieser Welt ist von Dauer – Ruhe kehrt ein!

Unmittelbar sind wir wieder mit unserem Carnet des Passages konfrontiert welches nun seit Wochen irgendwo in Istanbul bei FedEX verloren ging. Ayca & Evren sind fleissig dabei uns zu Helfen. Die Situation hat hohes potenzial in ein mentales tief zu Fallen. Wir kamen auf die glorreiche Idee die Wartezeit mit Fahrzeugwartung zu überbrücken. Unsere ABS Warnleuchte leuchtet seit unserem Festfahren in Bulgarien und es ist an der Zeit die Schleifgeräusche unsere Hinterachse zu beheben.

Wir klapperten bald jede Werkstatt zwischen Nevshehir bis Aksaray ab – sie waren alle unglaublich freundlich und Hilfsbereit – hier ein Tee, da ein Tee – unsere Schleifgeräusche der Hinterachse konnten behoben werden – kostenlos – es war getrockneter Schlamm mit Steinen aus Bulgarien. Allerdings scheiterten alle, inkl. der Mercedes Benz Garage in Aksaray unseren Fehlercode des ABS auszulesen. Dafür kontrollierten sie das gesamte Bremssystem, luden uns zum Mittagessen ein, schmierten uns alle beweglichen Teile ab, füllten mir eine Box mit Fett für den späteren Einsatz und bezahlen durften wir auch nichts – nicht einmal ein kleines Trinkgeld. Die Gastfreundschaft der Türkei ist unermesslich und wir wurden stets und unmittelbar bedient.

Zurück in der kappadokischen Landschaft ahnten wir noch nicht welches Unglück uns die heutige Nacht heimsuchen wird. Erst noch erfreut darüber dass wir unseren Oleg auf Vordermann gebracht und mal wieder von innen und aussen gereinigt haben – fast wie neu. Gemütlich gekocht und im warmen einen Filmabend genossen – Schlafenszeit. Oleg schüttelt es in den Windböen und dann knallte es! …der Wind hat unser Dachfenster zerschlagen!

Werkstatt Tour und gebrochene Scheiben – Scherben bringen Glück!? 

Wir hatten Glück im Unglück, immerhin hat es nur die Innere Scheibe der Doppelverglasung zerschmettert. Der Wind hat das Fenster komplett umgelegt so dass sich die mit der inneren Scheibe verklebten Gasdruckfedern ausgerissen haben. Schöner Mist – und das Mitte Dezember. Der kommende Tag begann mit Versicherungsangelegenheiten, organisieren einer Lieferadresse und der Bestellung eines neuen Fensters. Läuft richtig gut bei uns! Verlorenes Carnet und kaputtes Fenster.

Als Seelenbalsam lernten wir die beiden Nadine & Marcel kennen mit welchen wir uns die kommenden kalten Abende versüßen und die grauen Tage vertreiben. Feierten Marcels 30ten Geburtstag und zählten die leeren Whiskeyflaschen der Woche.

Es soll „nur“ 4 Wochen dauern bis wir unser neues Fenster in den Händen halten. Langsam aber sicher sind wir müde von Göreme und der kappadokischen Landschaft. Auch die Temperaturen ziehen winterlich stark an. Wir entscheiden uns in den Süden ans Mittelmeer zu traben und Weihnachten bei frühlingshaften Temperaturen zu verbringen. Nach der ersten Etappe zum TozGölü, nordwestlich von Aksaray treffen wir die Beiden noch zu einem letzten fröhlichen Abend. Die Beiden wollen Skifahren gehen und sind nach einem guten Jahr bald am Ende ihrer Reise.

Toz Gölü

Mit Schrecken stellte ich am kommenden Morgen fest, dass unsere vorderen vier M12 Feingewinde Schrauben welche den Koffer am Hilfsrahmen halten aus den Stahlträgern im Boden ausgerissen sind. Irgendwie scheint alles verflucht zu sein (hier ahnten wir noch nicht mal Ansatzweise welche Folgen dies mit sich bringen wird – „kleine Vorschau“ zu was uns in Saudi Arabien konfrontieren wird). Nach dem Abschied mit Nadine & Marcel ging’s bei uns erstmal bei Mercedes vorbei in der Hoffnung lange M12 Feingewinde Schrauben zu ergattern. Wir hatten Glück, eingedeckt mit Schrauben suchten wir uns ein behagliches Plätzchen für die Reparatur. Schweren Herzens blieb mir nichts anderes übrig als die Schrauben komplett durch den Boden zu jagen und bewusst Kältebrücken zu erzeugen. Immer noch besser als den Koffer zu verlieren!

Eine Hürde gemeistert steht schon die nächste an. Während dem Abstecher Richtung Mersin grüsst unser „Gaspedal Problem“ erneut. Wir hielten irgendwo am Dorfrand an um das Gestänge zu justieren. Bei der hiesigen Kontrolle fiel mir auf dass die Schweisspunkte der Halterung des Gestänges einseitig gebrochen waren. Wie aus dem Nichts standen mir zwei türkische Herren zur Seite. Guckten mit in die Motorhaube bevor wir uns begrüssten, das war lustig. Sie erkannten trotz Sprach-Barriere unser Problem, eilten gleich los um Schweissgerät oder Blechschrauben zu organisieren.

Zehn Minuten später war Murat zurück, so nenne ich ihn hier da ich seinen Namen vergessen habe. Er bestand darauf uns das Ganze fest zu schrauben und beschenkte uns als Dank mit einer Zuckerrübe. Ziemlich verdutzt stand ich da. „Eigentlich sollte ich ihm als Dank was Schenken“ – dachte ich – aber das ist nun mal die Herzlichkeit der Türkei! Wir quatschen noch einwenig. Er erklärte uns das unser Ziel kein schöner Strand sei und empfahl uns seinen persönlichen Hotspot. Nun hoffe ich das unser Gaspedal bisschen längerfristiger halten wird.

Wir chauffierten unsereins die kommenden Tage von Mersin – Adana – Iskenderun nach Konacik wo wir uns über die Weihnachtszeit auf einem absolut leeren aber auch wirklich schönen Campingplatz ordentlich abzocken liessen.

Es zog uns weiter nach Gaziantep „die Stadt der besonderen türkischen Speisen“. Lernten dort Ali kennen welcher uns als guter Freund über die weitere Zeit bleiben wird. Weiter zum Nemrut Dagi unweit des Oberlaufs des Euphrat. Verirrten uns in den Höhen des Taurusgebirges auf dem weg Richtung Malatya. Diese Bergfahrt wird uns ewig in Erinnerung bleiben, Schnee, Eis, heftige Steigungen und enge Strassen mit einer entzückenden Kulisse. Auf mittlerer Strecke verbrachten wir unter eisig klarem Sternenhimmel den Start in das neue Jahr 2023. Wir wünschten uns innig die Phase von „Pleite, Pech und Pannen“ hinter uns zu lassen.

Back to Cappadokia – erwarten uns bahnbrechende Neuigkeiten. Unser Carnet ist in Istanbul tatsächlich verloren gegangen. Unser neues Dachfenster hat Holland nicht verlassen da Ahmet unsere Sendung nicht angenommen hat – Juhuiiii!

Des Weiteren habe ich bei Ankunft einen Flüssigkeitsverlust bemerkt – es war Diesel. Ziemlich schnell erkannten wir das der Filter undicht ist. Aus Dummheit kombiniert mit Faulheit habe ich mich unbewusst entschlossen die Situation noch ein bisschen zu verschlechtern und habe den Filtertopf mal schnell kaputt-repariert – jihhaa… mitten im Outback!

Krise auf dem höchsten Level angekommen – willkommen im Jahr 2023 und kurz vor einem Nervenzusammenbruch!

Von Gaziantep tuckern wir über den Nemrut Dagi bei eisigen Temperaturen zurück nach Göreme. Wir hatten tierisch Glück unseren Dieselfilter wieder gerade zu biegen! 

Ohne Dieselfilter kommt man nun mal nicht mehr vom Fleck da die Treibstoffzufuhr gekappt ist. Panisch haben wir nach Hilfe telefoniert. Recherchiert ob Epoxidharz Dieselbeständig ist – glücklicherweise JA! So konnten wir den kaputten Topf soweit provisorisch reparieren. Und Ali – unser neuer Freund aus Gaziantep welcher im Autobusiness tätig ist – konnte uns das Teil organisieren und innert 48 Stunden an einen Bekannten in der Region senden. Mit einem Schrecken davon gekommen! Was lernen wir davon:

Solange ein Fahrzeug noch fährt und nicht zwingend brennt – warte mit der Reparatur bis Mann und Frau mehr oder weniger in der Nähe von Zivilisation ist. Oder du weisst ganz genau was du tust – nicht so wie Ich in jener Situation!

Ein langersehnter Lichtblick erfüllt den heutigen Morgen. Frau Ioannou von der griechischen Botschaft auf Zypern meldet das unser kostspieliges Dokument – das Carnet des Passages wieder zurück in Griechenland eingetroffen ist, welch eine Erleichterung! FedEx ist lustigerweise stets noch dabei das Dokument zu suchen & finden …no Words. Wir besprechen mit der netten Dame einen Versand zur CH-Botschaft in Tiflis und können endlich unseren Weg voranschreiten lassen. „Das Handicap mit unserem Dachfenster werden wir bestimmt auch irgendwie über Georgien gelöst bekommen“. Gut gelaunt gehen wir unseren neuen Dieselfiltertopf holen und brechen auf in den Osten.

Uns war kaum bewusst welch massive Gebirgsketten sich durch die Türkei ziehen. So begeben wir uns vom 5. Januar über die Berge Direktion Trabzon. Ein 2’000er nach dem anderen folgte. Die Route war echt anspruchsvoll. Wir hofften ohne Schneefall durchzukommen. Leider gelang uns dies nicht. Die heftigen Talfahrten forderten mich mit unseren 10 Tonnen unter dem Hintern. Bei Einbruch der Dunkelheit holt uns ein heftiger Schneesturm knapp 50 Kilometer vor unserm Ziel ein. Kurz nach der letzten Passhöhe vor Trabzon gönnten wir uns eine Pause im wohl schlechtesten Restaurant der Türkei. Etwas erholt manövrierten wir uns innert 40 Kilometern von 2’000m.ü.m auf 10m.ü.m an der Schwarzmeerküste bei wohltuenden 15℃.

Wir chauffieren die kommenden Tage der Schwarzmeerküste entlang. Wir waren mental noch belastet und dann bemerkte ich einen Riss im GFK was uns nun tatsächlich beinahe zum Abbruch unserer Reise brachte. „Fensterbruch, CPD, ausgerissene Schrauben der Lagerung und nun das“, wir waren mit den Nerven völlig am Ende. Irgendwie übernimmt mich das Gefühl das mit unserer Federlagerung etwas nicht stimmt – es ist das einzige Bauteil welches wir nicht selbst gefertigt haben und von einem sogenannten Profi-Fahrzeugbauer fertigen liessen.

Völlig am Anschlag überlegten wir… „wer uns nun Helfen könnte!?“ So meldeten wir uns bei Benno! Unsere Familien hätten sich mit unseren Infos zu grosse Sorgen gemacht und haben auch gar keine Erfahrung was Reisen an geht. Wir waren komplett verblüfft darüber wie Benno uns spürt! Er fand die richtigen Worte uns zurück auf die Spur zu bringen! So reparieren wir unseren Schaden mit den zur verfügung stehenden Mitteln.

Am 10. Januar erreichten wir den Danzi-Camping. Von dort aus wollten wir die letzten Administrativen Angelegenheiten in der Türkei erledigen und uns auf Georgien vorbereiten. Dort angekommen treffen wir die uns schon bekannten „Hiarzel“, Angelika & Wolfgang aus Deutschland sowie Sarah & Wolfgang aus Österreich an.

Das Camp liegt für Reisende perfekt zwischen der Türkei und Georgien als Kreuzpunkt. Am Folgetag lernen wir Stefan aus der Schweiz kennen der soeben aus Georgien in Richtung Skandinavien unterwegs ist und zwar mit dem Fahrrad!

So lassen wir in guter Gesellschaft die Tage in der Türkei ausklingen. Bekommen positiven Bescheid von der CH-Botschaft in Tiflis das unser Carnet innert 3 Tagen schon angekommen ist und dass sie bereit sind uns mit einer Spedition für unser Fenster zu unterstützen.

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